Für Google nun auch unsere Gesundheitsdaten?

Google_NovartisZunächst ist mir bei der Meldung des „Wall Street Journals“ vom Juli 2014 der Schrecken in die Glieder gefahren. Novartis und Google kooperieren bei der Entwicklung eines Projektes, bei dem Menschen online zu Parametern der Körperflüssigkeit überwacht werden. Konkret handelt es sich um eine Kontaktlinse, die über die Tränenflüssigkeit den Blutzuckerwert erfasst und an Google weiterleitet. Das passt sehr gut in das beabsichtigte Portal Google Fit, mit dem Gesundheitsdaten der Menschen erfasst werden sollen. Dieses Vorhaben ist groß angelegt und steht kurz vor der Einführung des Portals, zumindest in den USA.

Also ein weiterer Angriff auf unsere individuellen und im Falle der Gesundheit sensiblen Daten? Das alles im Umfeld von NSA-Spionage und der offenbaren und Fähigkeit des deutschen Staates, seine Bürger vor dem Ausspähen fremder Mächte zu schützen? Im ersten Moment nach dem Lesen des Artikels war ich erschüttert und total ablehnend eingestellt. Versetze ich mich jedoch in die Lage eines Patienten, der aufgrund seiner Erkrankung gefährdet ist, in einen lebensbedrohlichen Zustand zu kommen, so stellen sich zumindest bei mir zumindest amorphe Positionen in meiner Gedankenwelt ein.

Betrachten wir doch nur einmal allein den Nutzen, den ein Diabetes Patient aus der Kooperation zwischen Novartis und Google haben könnte. Die Blutzuckerwerte erreichen bedrohliche Größen, sie werden online zu Google geleitet und Überwachungs-Programme schlagen Alarm – 24 Stunden an 7 Tagen der Woche. Der betroffene Patient erhält über seine Smartphone eine Warnung und konkrete Handlungsanweisungen zur Verbesserung seiner Lage. Damit wäre dem Patienten sehr gut geholfen. Oder wir können uns vorstellen, dass Google aufgrund der intelligenten Überwachung der Datenreihen den lebensbedrohlichen Zustand erst gar nicht erreichen lässt, und schon vorher die erforderlichen Maßnahmen zur Information des Patienten vornimmt. Das hört sich schon sehr phantastisch an, wenn nicht der Datenschutz wäre.

Ähnliche Szenarien ließen sich denken im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Infektionen, Krebs oder akuten Schmerzen. In all diesen Fällen ließe sich der Nutzen für den Menschen als Patienten sehr gut darstellen. Nun bleibt die große Frage nach dem Datenschutz und dem Schutz der privaten sensiblen Gesundheitsdaten für den Menschen. Jeder kann sich vorstellen, dass unsere medizinischen Daten in der Hand von Konzernen der Pharmaindustrie, der Versicherungsbranche, der Nahrungsmittelindustrie oder in der Hand des Staates unheilbringende Folgen für den Betroffenen bringen könnte.

Doch andererseits kann ich mir auch gut vorstellen, dass eine Sammlung von medizinischen Daten einschließlich des zeitlichen Verlaufs von Erkrankungen zu ungeahntem Fortschritt führen kann. Nehmen wir zum Beispiel die diagnostischen und therapeutischen Abläufe von Patienten mit Herzkreislauferkrankungen über lange Zeiträume. Sind genügend Daten gesammelt, so ist es leicht, daraus zu schließen, in welcher Situation des Patienten bestimmte medizinische Handlungen für den Patienten vorteilhaft sind. Selbst die optimalen Maßnahmen ließen sich gut selektieren. Im Gegenzug wäre es auch einfach möglich, unnütze oder den Patienten gefährdende Maßnahmen zu unterlassen. Ob eine Chemotherapie dem konkreten Patienten etwas brächte, wüssten wir vorher. Beide Aspekte ließen sich relativ schnell umsetzen und für die Patienten nutzbringend realisieren. Wenn da nicht das Problem mit dem Schutz individueller medizinischer Daten bestünde.

Aber ist es nicht so, dass lediglich die Zuordnung zum Individuum sensibel ist? Und gibt es nicht längst Verfahren mit denen sich diese individuelle Zuordnung verschlüsseln ließe? Ich will einer Diskussion nicht vorgreifen, denke jedoch das beide Fragen mit Ja zu beantworten sind. Dann hätten wir es eigentlich geschafft, einerseits den Nutzen solcher medizinischen Portale wie Google Fit für die Menschen einzusetzen und andererseits das Individuum vor Missbrauch zu schützen. Denn die Verschlüsselung der Zuordnung der Daten zum Individuum wäre technisch einfach zu lösen, und dieser Schlüssel bleibt in der Gewalt der betreffenden Person.

 

Dann gibt es noch große Ängste bei den Menschen über den Datenschutz hinaus. Sollen wir die Tätigkeit, insbesondere die Entscheidungen, von Ärzten durch Computer und Softwareprogramme erledigen lassen? Darüber gibt es Sorgen, nicht nur bei den medizinischen Laien, sondern auch bei medizinischem Fachpersonal. Aber auch hier ist gründlicheres Nachdenken wie so oft im Leben hilfreich.

Niemals soll es autonome, nur von Computern gesteuerte Abläufe geben. Stets soll jede Entscheidung von den medizinischen Spezialisten, also den Ärzten, getroffen werden. Dabei soll es bleiben. Jedoch das Sammeln der Daten, die Aufbereitung der Daten und deren Analyse kann ein Computer mit entsprechenden Programmen viel besser und wahrscheinlich viel schneller. Bei großen Datenmengen ist dieses Kriterium bedeutend. Ich habe selbst in der Vergangenheit aufgrund meiner Kompetenz zu medizinischen Bildern an einem universitären Projekt zur schnellen Analyse von Computertomographen-Bildern teilgenommen. Dabei ging es darum, dass das Softwareprogramm eine schnelle und sichere Erkennung von Metastasen in der Leber bringen sollte. Sehr erstaunlich für mich war, dass schon nach 150 Bildern die Lernphase des Computers so weit abgeschlossen war, dass praktisch keine Fehleinschätzungen mehr durch ihn vorgenommen wurden. Das bedeutet, dass Computer in der Lage sind, den Ärzten Zeit raubende Arbeiten abzunehmen. Der Computer hat bezüglich der Erkennung der Metastasen schon nach kurzer Lernphase weder Metastasen übersehen noch falsch positiv Metastasen dort reportiert, wo keine sind.

Dieses Projekt der automatisierten Bildanalyse hat mir gezeigt, wie weit wir schon jetzt Ärzte von Zeit raubender Routinearbeit befreien können. Und dabei gehen sie nicht einmal das Risiko von Fehlern ein. Jetzt bleibt es weiteren Forschungsarbeiten vorbehalten, zu prüfen, ob dieses gute Ergebnis in Verbindung mit medizinischen Bildern bei Metastasen in der Leber auf andere die Menschen bedrohende Krankheiten zu übertragen sind. Ich bin da optimistisch, bald weitere Ergebnisse zu bekommen.

Im Bereich Krebs haben wir auch seit Jahren schon ein Verfahren, bei dem der Einsatz von Computern und Robotern zum Vorteil von Patienten mit schweren Erkrankungen Einsatz findet. Strahlenchirurgie heißt das Verfahren zur kompletten Zerstörung des Tumors im Inneren des Menschen, der Krebs hat. Dieser Vorgang dauert meistens nicht einmal eine Stunde, ist schmerzfrei und birgt fast keinerlei Risiken, wie das bei herkömmlichen Prozeduren üblich ist. Keine operativen Schnitte, keine Narkose, keine Beatmung, keine Reha und andere Gefahren, die mit einem Krankenhausaufenthalt zusammen hängen. Der Patient kommt einfach ambulant in ein Zentrum der Strahlenchirurgie, und sein Tumor wird 100%ig zerstört, ohne Beeinträchtigung benachbarter Organe. Diese Strahlenchirurgie ist längst etabliert und bei Hunderttausenden von Patienten bewährt. Wer dazu mehr wissen will, ruft mich an über die Hotline 0171 811 3632. Ich bin regulär wochentäglich von 9 bis 10 Uhr erreichbar.

Wie nun die Nachricht von der Kooperation von Novartis mit Google einzustufen ist, mag durch den Einen oder Anderen unterschiedlich erfolgen. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass die Wertung auch vom Gesundheitszustand desjenigen beeinflusst wird. 

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